Dienstag, 5. November 2013
Dienstag, der 5te November.



Der Regen hat nachgelassen. Zwar ziehen noch dunkle Wolken über das Firmament, doch scheint es heute ein etwas weniger triester Tag zu werden.
Mit weniger schlecht gelaunten Kunden...
Mit weniger Stress...
Mit weniger...

Heute vormittag hatte ich Dienst am Imbis. Das bedeutet, dass ich mich nicht mit rohem, blutigem Fleisch herumärgern musste, sondern mit einer großen Gastropfanne und Würstchen aus den Teilen toter Tiere, die man nicht verkaufen kann.
Und Frikadellen...
Und Schnitzeln...

...und vor allem Bratkartoffeln.

Diese Beilage zu all dem zusammengemahlenen und wieder anschaulich zusammengesetzten Konstrukten menschlicher Fressgier sollte mir heute wieder allerhand zu sinnieren bieten.

Es war zur Rush-Hour. Das ist die Zeit an der heißen Theke an denen plötzlich alle- ich wiederhole ALLE Menschen gleichzeitig Hunger bekommen und unbedingt ein Leberkäsebrötchen, eine Bratwurst oder sonst eine kullinarische, fetttriefende Köstlichkeit vertilgen möchten.
(Kein Wunder, dass 220 Millionen Menschen auf unserer Erde Statine schlucken müssen um ihren Cholesterinspiegel zu senken.)

Zurück zum Thema:
So hatte ich nun eine wütende, hungrige Meute sabbernd-gieriger Menschen vor meiner Theke stehen und alle wollten nur eines: Ihren Hunger nach Kadaver stillen.
Nachdem ich einem Bauarbeiter 11 Brötchen gerichtet hatte (6x Käseknacker, 1x Chillileberkäse, 3x roter Fleischkäse und 1x Bratwurst) trat ein älterer Herr heran:
"Ich hätte gerne eine Bratwurst und eine Portion von den komischen Kartoffeln."
Ich fragte ihn: "Komische Kartoffeln? Das sind Bratkartoffeln werter Herr, die ich selbst persönlich heute früh gebrutzelt habe!" und lächelte dabei.
"Ob sie die gemacht haben oder nicht ist mir egal. Die sind einfach nicht mein Ding."

Ich schwieg.
Doch mein Hirn ratterte und noch wärend ich ihm seine Bratwurst mit komischen Kartoffeln kredenzte und abkassierte formten sich in meiner Fantasie folgende Antwortmöglichkeiten:

"Wenn etwas nicht ihr Ding ist, warum essen sie es dann?"

oder:

"Wir haben außer komischen Kartoffeln auch noch folgende Beilagen anzubieten:
-Pommes
-Reis
-Nudeln
-Spaghetti
-Spätzle
-eine volle Palette an Feinkostsalaten
-oder von mir aus auch ganz ordinäre Brötchen!"

oder:

"Wenn dir meine Bratkartoffeln nicht schmecken, dann friss eben nix!"

oder:

"Hoffentlich bleiben sie dir im Hals stecken!!!"

Weiter möchte ich nicht ins Detail gehen.

Liebe Leserinnen und Leser,
dies ist wieder einer dieser Tage, die man nicht vor dem Abend loben sollte.
Und man lerne daraus: Auch bei halbwegs gutem Wetter rennen immer noch haufenweise Idioten durch die Gegend und machen einer aufrichtigen, netten und liebendswürdigen Metzgereiverkäuferin das Leben zur Hölle.

Mit der Hand an der Leber...
Eure Janice

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 4. November 2013
Montag, der 4te November.
Viele Kunden erklären mir immer wieder gerne, dass sie Vegetarier sind, weil sie kein Fleisch, sondern nur Wurst essen.

****************************************



Montage... ich hasse Montage... wie 85% aller Deutschen Montage hassen.
Und es regnet.
Verregnete Montage sind kein gutes Omen.
Die Kunden sind sowieso angepisst, weil das Wochenende vorrüber ist und erst recht noch von diesem miesen Wetter.

Ich arbeite in einem großen Einkaufszentrum in einem regional ziemlich bekannten Metzgereibetrieb. Glück für mich: Im Gegensatz zu anderen Metzgereien ist es bei uns immer angenehm temperiert (Winter: warm, Sommer: gekühlt).
Pech für mich: Wahnsinnig viel Laufkundschaft.

Warum Laufkundschaft Pech bedeudet?
Ganz einfach: Man muss sich immer und immer wieder neu auf seinen Gegenüber einstellen.
Stammkunden kennt man. Man kennt die Schrullen und Vorlieben der Personen.
Laufkunden muss man zu Stammkunden machen... und das ist sehr, sehr anstrengend.

Umso anstrengender wird das an verregneten Montagen, wenn das Wochenende vorrüber ist, eine harte Arbeitswoche bevor steht und zu allem Überfluss eine Rabattcoupon- Aktion läuft.

Im regionalen Käseblatt (welches jeder Haushalt kostenlos in den Briefkasten gequetscht bekommt) gab es eine DIN A4- Seite mit Coupons, welche die Kundschaft bei uns an der Theke einlösen kann.

Der -vom Chef erhoffte und von uns verhasste- Boom war vorprogrammiert und mir lief es schon eiskalt den Rücken hinab, als meine erste Kundin (ältere Dame mit Rolator) mir hektisch fechelnd ein Bündel dieser verhassten Zettel entgegen reckte: "Das bekomm ich!"
"GUTEN MORGEN!!!!" rief ich ihr zur Begrüßung entgegen (extra laut, denn ich kann beim Teufel soetwas nicht leiden, wenn mich mein Gegenüber nicht begrüßt)
Dir Alte starrte mich fragend an. "Kennen wir uns?"
Ich strahlte mit meinem besten Verkäuferinnenlächeln und entgegnete im bittersüßen Ton "Nein, bis jetzt noch nicht. Aber ich begrüße jeden meiner Kunden- wir sind ja schließlich keine Bauern!"
-schweigen folgte. Die Dame musste diesen Anflug von Sarkasmus erst einmal verarbeiten.
"Ich nehme das hier!" sagte sie gleichgültig und wedelte mir wieder ihre Scheinchen entgegen.
Ich erledigte ihre Bestellung, wärend meine Kollegin die neben mir bediente, sich kaputt lachte.

Ich hasse es!
Nahezu jeder, der sich nicht zu unserer Stammkundschaft zählt und mit diesen Zetteln anrückt, zeigt eindeutig, dass er keine gute Kinderstube genossen hat- oder einfach aus welchem Milleu er/sie stammt.
Irgendwie scheinen die Coupons das Wort "Hallo!" oder "Guten Morgen/Tag/Abend..." zu ersetzen.
Außerdem kontrolliert dieses Klientel ganz akribisch ihre Kassenzettel- man könnte sie ja besch*** ähm- entschuldigung! Ich meinte natürlich "betrogen" haben.


(Rinderhüfte... gut abgehangen super als kurzgebratenes Steak geeignet)

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mein Geschäft mit dem Tod


Mein Name ist Janice.
Das ist natürlich nicht mein richtiger Name, denn würde ich diesen hier Preis geben, könnte mich das meinen Arbeitsplatz kosten.

Also nenne ich mich Janice.
Ich bin 33 Jahre alt, bin verheiratet, habe einen Sohn und arbeite in Teilzeit als gelernte

METZGEREIVERKÄUFERIN
(auch geläufig unter: Fleischereifachverkäuferin oder Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk, Schwerpunkt Fleischerei)

Ich verdiene meine Brötchen sozusagen mit dem Tod.
Eben: Mein Geschäft mit dem Tod.

Dieser Beruf hat einen herben Beigeschmack von Zersetzungsmechanismen, Reifegraden, langen Messern, viel Blut und natürlich TOTEM Fleisch.

Lernen wollte ich diesen Beruf selbstverständlich nicht- so wie niemand freiwillig diesen Beruf ausüben möchte, indem man mit aggressiven Fleischsäften zu tun hat, welche einem die Hände aufbeißen.
Doch wie viele andere Menschen hinter der Theke mit mir das gleiche Schicksal teilen, hatte ich die Schule und Lehrer satt und mit dem Lernen eh nicht viel (besser gesagt: Gar nichts) am Hut... und irgendetwas musste man ja lernen!

Keiner wollte mich- die Metzgerei hatte mich gleich.

Und so übe ich diese Beschäftigung nun seit 18 Jahren (mit 9-jähriger Unterbrechung) aus.

Ich würde nicht sagen, dass es mein Traumberuf ist. Aber eines kann ich mit Sicherheit sagen: Es ist ein sehr vielschichtiger Beruf- kein Tag gleicht dem Anderen!

Und darüber möchte ich in diesem Blog schreiben:
MEIN GESCHÄFT MIT DEM TOD

Viel Spaß beim Lesen und Schmunzeln,
wünscht Euch Eure
Lieblingsmetzgereiverkäuferin :)

... link (0 Kommentare)   ... comment